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Islamische Charta

Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V.



Grundsatzerklärung des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) zur Beziehung der Muslime zum Staat und zur Gesellschaft.
  Vorwort
Der Islam ist keine neue Erscheinung in Deutschland, vor allem ist er keine vorübergehende Erscheinung. Mehr als 3,2 Millionen Muslime leben in Deutschland; viele von ihnen schon in der dritten und vierten Generation. Die meisten Muslime identifizieren sich mit der deutschen Gesellschaft und werden für immer in Deutschland bleiben. Nicht nur für die 500.000 Muslime, die einen deutschen Pass tragen, ist Deutschland Heimat geworden. Alle Muslime fühlen sich nicht als Gäste in einem "Gastland", sondern als Bürgerinnen und Bürger Deutschlands.
Als große Minderheit in diesem Land haben die Muslime die Pflicht, sich in diese Gesellschaft zu integrieren, sich zu öffnen und über ihre Glaubensbekenntnisse und -praxis mit der Gesellschaft in Dialog zu treten. Die Mehrheitsgesellschaft hat Anrecht darauf zu erfahren, wie die Muslime zu den Fundamenten dieses Rechtsstaates, zu seinem Grundgesetz, zu Demokratie, Pluralismus und Menschenrechten stehen.
Obwohl die Muslime diese Themen des öfteren behandelten, blieben sie der Mehrheitsgesellschaft eine umfassende, klar formulierte und verbindliche Antwort schuldig. Dieses Defizit wurde nicht zuletzt durch die Debatte nach dem 11. September deutlich.

Durch diese Islamische Charta, die der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) in seiner Vertreterversammlung am 3. Februar 2002 einstimmig verabschiedete, möchte er seine klare Position zu diesen Grundgedanken artikulieren und einen Beitrag zur Versachlichung der gesellschaftlich-politischen Debatte leisten.

Dr. Nadeem Elyas Berlin, 20. Februar 2002
Vorsitzender


Islamische Charta
Grundsatzerklärung des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) zur Beziehung der Muslime zum Staat und zur Gesellschaft.

Der Islam ist die Religion des Friedens 1.
"Islam" bedeutet gleichzeitig Friede und Hingabe. Der Islam sieht sich als Religion, in welcher der Mensch seinen Frieden mit sich und der Welt durch freiwillige Hingabe an Gott findet. Im historischen Sinne ist der Islam neben Judentum und Christentum eine der drei im Nahen Osten entstandenen monotheistischen Weltreligionen und hat als Fortsetzung der göttlichen Offenbarungsreihe mit diesen viel gemein.


Wir glauben an den barmherzigen Gott 2.
Die Muslime glauben an Gott, den sie wie arabische Christen "Allah" nennen. Er, der Gott Abrahams und aller Propheten, der Eine und Einzige, außerhalb von Zeit und Raum aus Sich Selbst existierende, über jede Definition erhabene, transzendente und immanente, gerechte und barmherzige Gott hat in Seiner Allmacht die Welt erschaffen und wird sie bis zum Jüngsten Tag, dem Tag des Gerichts, erhalten.


Der Koran ist die verbale Offenbarung Gottes 3.
Die Muslime glauben, dass sich Gott über Propheten wiederholt geoffenbart hat, zuletzt im 7. Jahrhundert westlicher Zeitrechnung gegenüber Muhammad, dem "Siegel der Propheten". Diese Offenbarung findet sich als unverfälschtes Wort Gottes im Koran (Qur´an), welcher von Muhammad erläutert wurde. Seine Aussagen und Verhaltensweisen sind in der so genannten Sunna überliefert. Beide zusammen bilden die Grundlage des islamischen Glaubens, des islamischen Rechts und der islamischen Lebensweise.


4. Wir glauben an die Propheten des Einen Gottes
Die Muslime verehren sämtliche Muhammad vorausgegangenen Propheten, darunter Moses und Jesus. Sie glauben, dass der Koran die ursprüngliche Wahrheit, den reinen Monotheismus nicht nur Abrahams, sondern aller Gesandten Gottes wiederhergestellt und bestätigt hat.


5. Der Mensch muss am Jüngsten Tag Rechenschaft ablegen
Die Muslime glauben, dass der Mensch, soweit er freien Willen besitzt, für sein Verhalten allein verantwortlich ist und dafür am Jüngsten Tag Rechenschaft ablegen muss.


6. Der Muslim und die Muslima haben die gleiche Lebensaufgabe
Der Muslim und die Muslima sehen es als ihre Lebensaufgabe, Gott zu erkennen, Ihm zu dienen und Seinen Geboten zu folgen. Dies dient auch der Erlangung von Gleichheit, Freiheit, Gerechtigkeit, Geschwisterlichkeit und Wohlstand .


Die fünf Säulen des Islam 7.
Hauptpflichten der Muslime sind die fünf Säulen des Islam: das Glaubensbekenntnis, das täglich fünfmalige Gebet, das Fasten im Monat Ramadan, die Pflichtabgabe (zakat) und die Pilgerfahrt nach Mekka.


Daher ist der Islam Glaube, Ethik, soziale Ordnung und Lebensweise zugleich 8.
Der Islam ist weder eine weltverneinende noch eine rein diesseits-bezogene Lehre, sondern ein Mittelweg zwischen beidem. Als auf Gott ausgerichtet ist der Muslim und die Muslima zwar theozentrisch; doch gesucht wird das Beste beider Welten. Daher ist der Islam Glaube, Ethik, soziale Ordnung und Lebensweise zugleich. Wo auch immer, sind Muslime dazu aufgerufen, im täglichen Leben aktiv dem Gemeinwohl zu dienen und mit Glaubensbrüdern und –schwestern in aller Welt solidarisch zu sein.


Dem Islam geht es nicht um Abschaffung von Reichtum 9.
Dem Islam geht es nicht um Abschaffung von Reichtum, sondern um Beseitigung von Armut. Er schützt das der Gemeinschaft und auch der Umwelt verpflichtete Privateigentum und fördert unternehmerische Initiative und Verantwortung.


10. Das Islamische Recht verpflichtet Muslime in der Diaspora
Muslime dürfen sich in jedem beliebigen Land aufhalten, solange sie ihren religiösen Hauptpflichten nachkommen können. Das islamische Recht verpflichtet Muslime in der Diaspora, sich grundsätzlich an die lokale Rechtsordnung zu halten. In diesem Sinne gelten Visumserteilung, Aufenthaltsgenehmigung und Einbürgerung als Verträge, die von der muslimischen Minderheit einzuhalten sind.


11. Muslime bejahen die vom Grundgesetz garantierte gewaltenteilige, rechtsstaatliche und demokratische Grundordnung
Ob deutsche Staatsbürger oder nicht, bejahen die im Zentralrat vertretenen Muslime daher die vom Grundgesetz garantierte gewaltenteilige, rechtsstaatliche und demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland, einschließlich des Parteienpluralismus, des aktiven und passiven Wahlrechts der Frau sowie der Religionsfreiheit. Daher akzeptieren sie auch das Recht, die Religion zu wechseln, eine andere oder gar keine Religion zu haben. Der Koran untersagt jede Gewaltausübung und jeden Zwang in Angelegenheiten des Glaubens.


12. Wir zielen nicht auf Herstellung eines klerikalen "Gottesstaates" ab
Wir zielen nicht auf Herstellung eines klerikalen "Gottesstaates" ab. Vielmehr begrüßen wir das System der Bundesrepublik Deutschland, in dem Staat und Religion harmonisch aufeinander bezogen sind.


Es besteht kein Widerspruch zwischen der islamischen Lehre und dem Kernbestand der Menschenrechte 13.
Zwischen den im Koran verankerten, von Gott gewährten Individualrechten und dem Kernbestand der westlichen Menschenrechtserklärung besteht kein Widerspruch. Der beabsichtigte Schutz des Individuums vor dem Missbrauch staatlicher Gewalt wird auch von uns unterstützt. Das Islamische Recht gebietet, Gleiches gleich zu behandeln, und erlaubt, Ungleiches ungleich zu behandeln. Das Gebot des islamischen Rechts, die jeweilige lokale Rechtsordnung anzuerkennen, schließt die Anerkennung des deutschen Ehe-, Erb- und Prozessrechts ein.


Vom jüdisch-christlichislamischen Erbe und der Aufklärung geprägt 14.
Die europäische Kultur ist vom klassisch griechischrömischen sowie jüdisch-christlich-islamischen Erbe und der Aufklärung geprägt. Sie ist ganz wesentlich von der islamischen Philosophie und Zivilisation beeinflusst. Auch im heutigen Übergang von der Moderne zur Postmoderne wollen Muslime einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung von Krisen leisten. Dazu zählen u.a. die Bejahung des vom Koran anerkannten religiösen Pluralismus, die Ablehnung jeder Form von Rassismus und Chauvinismus sowie die gesunde Lebensweise einer Gemeinschaft, die jede Art von Süchtigkeit ablehnt.


15. Die Herausbildung einer eigenen muslimischen Identität in Europa ist notwendig
Der Koran fordert den Menschen immer wieder dazu auf, von seiner Vernunft und Beobachtungsgabe Gebrauch zu machen. In diesem Sinne ist die islamische Lehre aufklärerisch und blieb von ernsthaften Konflikten zwischen Religion und Naturwissenschaft verschont. Im Einklang damit fördern wir ein zeitgenössisches Verständnis der islamischen Quellen, welches dem Hintergrund der neuzeitlichen Lebensproblematik und der Herausbildung einer eigenen muslimischen Identität in Europa Rechnung trägt.


16. Deutschland ist Mittelpunkt unseres Interesses und unserer Aktivität
Der Zentralrat befasst sich hauptsächlich mit Angelegenheiten des Islam und der Muslime im deutschen Raum, sowie mit Angelegenheiten der deutschen Gesellschaft. Ohne die Verbindungen mit der Islamischen Welt zu vernachlässigen, soll Deutschland für die hiesige muslimische Bevölkerung nicht nur Lebensmittelpunkt, sondern auch Mittelpunkt ihres Interesses und ihrer Aktivität sein.


Abbau von Vorurteilen durch Transparenz, Öffnung und Dialog 17.
Eine seiner wichtigsten Aufgaben sieht der Zentralrat darin, eine Vertrauensbasis zu schaffen, die ein konstruktives Zusammenleben der Muslime mit der Mehrheitsgesellschaft und allen anderen Minderheiten ermöglicht. Dazu gehören der Abbau von Vorurteilen durch Aufklärung und Transparenz ebenso wie Öffnung und Dialog.


Wir sind der gesamten Gesellschaft verpflichtet 18.
Der Zentralrat fühlt sich der gesamten Gesellschaft verpflichtet und ist bemüht, in Zusammenarbeit mit allen anderen gesellschaftlichen Gruppierungen einen wesentlichen Beitrag zu Toleranz und Ethik, sowie zum Umweltund Tierschutz zu leisten. Er verurteilt Menschenrechtsverletzungen überall in der Welt und bietet sich hier als Partner im Kampf gegen Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Sexismus und Gewalt an.


Integration unter Bewahrung der islamischen Identität 19.
Der Zentralrat setzt sich für die Integration der muslimischen Bevölkerung in die Gesellschaft ein, unter Bewahrung ihrer islamischen Identität, und unterstützt alle Bemühungen, die in Richtung Sprachförderung und Einbürgerung gehen.


20. Eine würdige Lebensweise mitten in der Gesellschaft
Darüber hinaus sieht der Zentralrat seine Aufgabe darin, den in Deutschland lebenden Muslimen in Kooperation mit allen anderen islamischen Institutionen eine würdige muslimische Lebensweise im Rahmen des Grundgesetzes und des geltenden Rechts zu ermöglichen. Dazu gehören u.a.:
  • Einführung eines deutschsprachigen islamischen Religionsunterrichts,
  • Einrichtung von Lehrstühlen zur akademischen Ausbildung islamischer Religionslehrer und Vorbeter (Imame),
  • Genehmigung des Baus innerstädtischer Moscheen,
  • Erlaubnis des lautsprechverstärkten Gebetsrufs, Respektierung islamischer Bekleidungsvorschriften in Schulen und Behörden,
  • Beteiligung von Muslimen an den Aufsichtsgremien der Medien,
  • Vollzug des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Schächten,
  • Beschäftigung muslimischer Militärbetreuer,
  • Muslimische Betreuung in medizinischen und sozialen Einrichtungen,
  • Staatlicher Schutz der beiden islamischen Feiertage,
  • Einrichtung muslimischer Friedhöfe und Grabfelder.


21. Parteipolitisch neutral
Der Zentralrat ist parteipolitisch neutral. Die wahlberechtigten Muslime werden für diejenigen Kandidaten stimmen, welche sich für ihre Rechte und Ziele am stärksten einsetzen und für den Islam das größte Verständnis zeigen.




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