Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V. |
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Donnerstag, 28.12.2017
28.12.2017 Mehr Demokratie wagen und keine Extremismusvorbehalte gegen Muslime – Zum Fall Imam Mohamed Matar
Teile der Berichterstattung im Zuge der Teilnahme von Imam Mohamad Matar an der Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer des schrecklichen Anschlags vom 19.12.2016 zeichnen ein falsches Bild, tragen nicht zum Dialog und Frieden in der Gesellschaft bei und verletzen die Persönlichkeitsrechte von Herrn Matar wie auch die Integrität seiner ganzen Gemeinde, die nicht nur zu schützen ist, sondern aufgrund ihrer tatsächlichen Haltung Unterstützung in der Gesellschaft erfahren sollte.
Der Extremismusvorwurf gegen Imam Mohammed Matar ist haltlos und deshalb entschieden zurückzuweisen. Angebliche Vorwürfe gegen ihn erweisen sich bei näherem Hinsehen als falsch. Matar zeichnet sich vor allen Dingen dadurch aus, dass er seit Jahren mit Jugendlichen arbeitet und mit ihnen einen gemäßigten und zeitgemäßen Islam lebt und vorlebt. Das gilt entsprechend auch i Bezug auf die Angriffe und Rufschädigungen zum Nachteil der Neuköllner Begegnungsstätte (NBS).
Für die Hetzkampagne gegen Imam Matar wird ein früherer Facebook-Post, in dem er ein Bild einer jungen Frau, die von israelischen Sicherheitskräften in Israel erschossen wurde, kommentierte. Der von Matar seinerzeit getätigte Post ist nach eigenem Bekunden auf eine ursprünglich falsche Einschätzung der Situation erfolgt, dann aber von ihm sofort gelöscht worden, als die Sachlage sich nicht so eindeutig, wie vermutet, darstellte. Dies, obgleich selbst seriöse israelische Quellen den Fall schon seinerzeit durchaus unterschiedlich bewertet haben.
Auch die Neuköllner Begegnungsstätte leistet seit Jahren wichtige Integrationsarbeit, baut Vorurteile aktiv ab und setzt sich für unsere freiheitlich-demokratischen Werte mit Wort und Tat ein. Seine kürzlich klare Verurteilung des Antisemitismus ist ein jüngster Beleg für diese Haltung. Seine Verurteilung jeglicher Form des Extremismus mit aktiven und öffentlichen Beteiligungen an Veranstaltung etc. ist eindeutig, dies gilt auch für die Distanzierung von politischen und religiösen Ideologien, wie z.B. der Muslimbruderschaft. Ihr Engagement unter schwierigsten Bedingungen ist in jeder Hinsicht vorbildhaft.
Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass dies alles angeblich nur Lippenbekenntnisse sind, wie von einigen einschlägig bekannten Prangerseiten und selbsternannten Expert_innen gebetsmühlenartig wieder und wieder behauptet wird. Es ist daher auch folgerichtig, dass die Begegnungsstätte jüngst juristische Schritte gegen die rechtwidrige und rufschädigende Nennung im Verfassungsschutzbericht eingeleitet hat. Gleichfalls sollte auch gegen „private Verfassungsschützer“ aus selbsternannten Expert_innen und Islam-Hetzter_innen im Netz vorzunehmen sein, um den gezielten Angriffen zu begegnen. Diese schrecken nicht nur vor Rufschädigungen und Denunziationen zurück, sondern missbrauchen selbst eine Trauerfeier für die Opfer des Terrorangriffs in unserem Land für ihre Hetze. Dies ist pietät- und anstandslos.
Das Bekenntnis zu den demokratischen Grundprinzipien, zum staatlichen Gewaltmonopol und zur rechtsstaatlichen Ordnung gehört zum Selbstverständnis des ZMD. Alle Mitglieder haben sich daran zu halten. Die Neuköllner Begegnungsstätte vermittelt diese Prinzipien in ihren Veranstaltungen und Kursen genauso selbstverständlich wie das Bekenntnis zur absoluten Gewaltfreiheit. Wenn diese Bekenntnisse in Wort und Tat bei einigen nichts mehr gelten, dann ist dies höchst besorgniserregend und bestätigt unsere Sorge, dass es bestimmten Leuten darum geht, authentische muslimische Stimmen zu diskreditieren und sie am Ende mundtot zu machen. Dies ist gefährlich und höchst undemokratisch.
Wir appellieren an alle Seiten zum fairen, demokratischen Umgang und rufen dazu auf, eine faire Auseinandersetzung auch mit der NBS und ihrer Arbeit zu führen. Dies erreicht man insbesondere durch Dialog und Gespräch miteinander und nicht übereinander. Mit Pauschalverdächtigungen, „alle muslimischen Verbände sind antisemitisch“ oder ihre Verlautbarungen seien nur „Fassade“ erreicht man höchstens die Hardliner und ihre hasserfüllten Mitläufer, die damit ihr geschlossenes Weltbild bestätigt sehen. Dieser Weg zum Wohle unserer Demokratie ist umsetzbar zusammen mit unseren seriösen Medien und Meinungsbildnern, die großen Wert auf den Wahrheitsgehalt der recherchierten Themen legen.
Berlin, 28.12.2017
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