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Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V.


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Montag, 04.07.2011

01.07.11 Rede zur Gedenkveranstaltung zum Todestag von Marwa El-Sherbini am 01.07.2011 im Dresdener Landgericht vom KRM-Sprecher und ZMD-Vorsitzenden Aiman A. Mazyek



Sehr geehrter Herr Minister Dr. Martens,
verehrter Herr Bürgermeister Hilbert,
meine sehr verehrten Anwesenden,
liebe Vertreter der muslimischen Religionsgemeinschaften, Ali Kizilkaya, Bekir Alboga und Sadettin Pinarbas,

Wir haben eben eindrucksvolle Verse aus der Heiligen Schrift, dem Koran, von Herrn Bekir Alboga von DITIB rezitiert bekommen. Ich werde deren Bedeutung und Übersetzung im Folgenden mit in meinem kurzen Wort einfassen.

„Und sagt nicht von denen, die für Gottes Sache erschlagen werden, sie seien tot; nein, sie sind lebendig; nur begreift ihr es nicht“. So heißt es im Koran, Vers 154 in der Sura 2.

Schwester Marwa*, Du bist auch gestorben für unser Recht und für unsere Freiheit in unserem Land. Du duldetest nicht die Angriffe deines späteren Mörders und deshalb hast du dieses Gericht hier angerufen. Du hast dich auf unserer Verfassung und unseren Rechtsstaat berufen, welche Dir Schutz bieten sollte, vor rassistischen Attacken.

Schwester Marwa, Du bist für uns darin ein Vorbild an Zivilcourage und Du hast am Ende sogar mit Deinem Leben dafür bezahlt.

Dein Vermächtnis ist die uneingeschränkte Freiheit des Glaubens, welches auch in unserem Grundgesetz verankert ist; dies gilt es zu verteidigen. Dazu zählt die Toleranz gegenüber dem Andersdenkenden, Andersaussehenden. Auch das religiöse Tragen eines Kopftuches gehört dazu.

Liebe Anwesenden, es ist gut zu wissen, dass Sie, Herr Minister Dr. Martens in Vertretung für die sächsische Landesregierung, und Sie Herr Bürgermeister Hilbert für die Stadt Dresden heute mit uns Muslimen gemeinsam an den Todestag von Marwa El-Sherbini erinnern. Diese Solidarität und Anteilnahme ist höchst menschlich und vorbildlich; und dennoch in unserem Land nicht immer selbstverständlich.

Es heißt im Koran, und ähnliche Verse finden Sie auch in der Thora und im Evangelium:
5/32… Wer ein menschliches Wesen tötet,( ohne (daß es) einen Mord (begangen) oder auf der Erde Unheil gestiftet (hat),) so ist es, als ob er alle Menschen getötet hätte. Und wer es am Leben erhält, so ist es, als ob er alle Menschen am Leben erhält….

Vielleicht sollten wir unsere Heiligen Schriften mehr lesen. Denn der Mörder dieser entsetzlichen und aus dem Hass auf den Islam heraus motivierten Tat, hat diese nicht gelesen oder nicht verstanden. Dieser heimtückische Mord ist leider nur die Spitze des Eisberges einer immer aggressiver auftretenden Islamfeindlichkeit in unserem Land.

Angesichts steigender Zahlen von Gewalt-Übergriffen auf muslimische Bürger – wie erst jüngst wieder in Herborn geschehen (wo Rechtsradikale eine muslimische Gymnasiastin als Kopftuchschlampe beschimpften und sie dabei mit einem Messer verletzen) oder die beinah regelmäßig auftretenden Anschläge auf islamische Gotteshäuser in unserem Land, müssen wir wachsamer und uns vor allem entschiedener entgegenstellen.

Ich appelliere an Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, den antimuslimischen Extremismus in unserem Land nicht zu unterschätzen. Jede Form des Rassismus – Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit - ist menschenfeindlich und muss von uns als Gesellschaft als solches zurückgedrängt werden. Nicht alleine, weil er gegen eine bestimmte Minderheit gerichtet ist, nein, weil dieser Hass gegenüber Andersdenkende und Andersaussehende die Grundfesten unserer freiheitlich-demokratische Ordnung dieses Landes erschüttern.

Der Mörder wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Wir können stolz sein auf unsere Justiz. Das Urteil kann aber das unendliche Leid, das er der Familie des Opfers zugefügt hat, damit nicht wieder gutmachen. Wir beten für die Familie des Opfers und darum, dass sich eine solche Tat nicht wiederholen möge und dass eines Tages die Muslime, insbesondere unsere Frauen, keine Angst mehr haben müssen.
Und so spricht Gott im Koran 49/13 „O ihr Menschen, Wir haben euch ja von einem männlichen und einem weiblichen Wesen erschaffen, und Wir haben euch zu Völkern und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt. (Gewiß, der Geehrteste von euch bei Gott ist der Gottesfürchtigste von euch. Gewiss, Gott ist Allwissend und Allkundig.)“

Liebe Dresdnerinnen und Dresdener, meine Damen und Herren, sorgt bitte, dass die Pluralität, die bunte Vielfalt unserer Gesellschaft in Deutschland eine Chance erhält, lasst uns gemeinsam davon profitieren und nicht aus einer unbegründeten Angst – weil kein Wissen von einander vom Anderen/Fremden – davor weg rennen. Muslime gehören zu diesem Land – das hat der Mörder von Marwa nicht so sehen wollen - aber ich bin mir sicher, das werden viele DresdenerInnen so erkennen und sich dafür mit der vorbildlichen Zivilcourage einer Frau El-Sherbini einsetzen. Das ist ihr Vermächtnis, zeigen wir alle, allen in Deutschland, dass wir verstanden haben… dass WIR verstanden haben.


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*Die damals schwangere Pharmazeutin und Doktorandin Marwa El-Sherbini wurde am 01.07.2009 im Dresdener Gerichtssaal vor den Augen der Richter, ihres Mannes und ihres dreijährigen Sohnes mit 18 Messerstichen brutal ermordet. Der Täter, das geht aus seinem Brief an das Dresdener Amtsgericht hervor und den Aussagen, die er gegenüber dem Opfer mehrfach machte, handelte aus einem antimuslimischen Rassismus heraus. Der Ehemann, der seiner Frau zur Hilfe eilte, wurde ebenfalls vom Mörder und einem später herbei eilenden Polizisten, der ihn fälschlich als den Täter ausmachte, lebensgefährlich verletzt. Der Täter wurde zu lebenslänglicher Haft verurteilt.



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