01.07.2019 Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) vergibt erstmals „International Marwa El-Sherbini-Preis für Zivilcourage“ – 1. Juli Tag gegen Muslimfeindlichkeit - Programm in Dresden
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) vergibt erstmals anlässlich des 10. Jahrestags des islamfeindlichen Mordes an Marwa El-Sherbini den „Internationalen Marwa El-Sherbini-Preis für Zivilcourage“ Zudem erklärt der ZMD zusammen mit weiteren Religionsgemeinschaften und zivilgesellschaftlichen Akteuren den 1. Juli zum bundesweiten „Tag gegen Muslimfeindlichkeit“.
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland gibt mit Freude bekannt, dass der erste „Internationale Marwa El-Sherbini-Preis für Zivilcourage“ an Mevlüde Genç aus Deutschland und Farid Ahmad aus Neuseeland vergeben wird. Zur Begründung für die Auswahl der beiden PreisträgerInnen verweist der ZMD darauf, dass den PreisträgerInnen nicht nur gemeinsam ist, dass sie durch antimuslimischen Rassismus und Hass ihnen geliebte Menschen verloren haben, sondern vor allem, dass sie diesem Rassismus und Hass mit Versöhnung und Zusammenhalt in ihren jeweiligen Gesellschaften geantwortet haben. Datum des Festaktes wird gesondert bekannt gegeben und wird voraussichtlich Ende des Jahres sein.
Die damals 50-Jährige Mevlüde Genç verlor bei einem von Rechtsradikalen verübten Brandanschlag am 29. Mai 1993 auf ihr Haus in Solingen, in dem ihre Familie lebte, zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte. „Frau Mevlüde Genç‘s menschliche Größe, ihre beispiellose Gabe, Hass und Zerstörung mit Barmherzigkeit und Versöhnung zu begegnen, sind tief beeindruckend, und macht sie zu einer Botschafterin des Friedens und der Zivilcourage. Dafür bewundern wir sie und sie wird uns deshalb stets ein großen Vorbild sein“, sagte der ZMD-Vorsitzemde Aiman Mazyek aus Anlass der Preisverleihung.
Herr Farid Ahmad verlor seine 44 Jahre alte Frau Husna durch den rechtsradikalen Terroristen, der am 15.03.2019 zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch angriff. Sie ist eine der 51 Toten. Als die ersten Schüsse fielen, hat Husna Ahmad Frauen und Kinder aus dem Gotteshaus geführt, so ihr Ehemann, um dann ihren Mann zu retten, der an einen Rollstuhl gefesselt war. Doch dazu kam sie nicht mehr. „Ferid Ahmads Worte nach dem schrecklichen Terror haben sich bei uns alle im Gedächtnis eingebrannt, als er in diese für ihn so schweren Zeit gegen den Hass des Täters mit Werten unserer Religion antwortete: ‚Liebe statt Hass – Vergebung ist das Beste, Großzügigkeit, Liebe und Fürsorge‘“, führte Mazyek aus.. Diese Worte sind ein Zeugnis menschlicher Größe und Ausdruck von großer Entschlossenheit, nämlich dem Täter mit Humanität zu begegnen und sich nicht von seinem Hass anstecken zu lassen. Herr Ahmads erste Reaktion nach Bekanntgabe der Ehrung durch den ZMD war, dass er den Preis gerne annimmt, aber nur wenn er ebenso dem couragierten neuseeländischen Volk gewidmet ist und seiner für Gerechtigkeit, Toleranz und Frieden aufopferungsvollen Ministerpräsidentin Jacinda Ardern.
ZMD-Vorsitzende Mazyek führte zu den Hintergründen des Preises weiter aus: „Das Vermächtnis Marwa El-Sherbinis drückt sich in ihrer Zivilcourage, ihrer Toleranz und in ihrem beispielhaften Eintreten für das durch das Grundgesetz verbriefte Recht auf uneingeschränkte Freiheit der Religionsausübung aus. Marwa tat dies in beeindruckender, mutiger und vorbildlicher Weise und musste am Ende mit ihrem Leben dafür bezahlen. Ihr Tod ermahnt uns alle wachsamer, wehrhafter und wirksamer als bisher, dem tendenziellen und offen gelebten Rassismus, der Islamfeindlichkeit in unserer Gesellschaft energisch, mit aller Kraft und Überzeugung entgegenzutreten. Wir werden Dich nie vergessen Marwa und immer für Dich beten, Ruhe in Frieden und möge der Allmächtige dich in seine Barmherzigkeit einschließen“.
Der ZMD-Vorsitzende Aiman A. Mazyek wird neben weiteren Teilnehmern an der traditionellen Gedenkveranstaltungen im Landgericht Dresden aus Anlass des 10. Jahrestags der Ermordung von Marwa El-Sherbini teilnehmen und wie jedes Jahr um 13.00 Uhr an der Gedenktafel für Marwa El Sherbini weiße Rosen niederlegen. Zuvor lädt der ZMD Pressevertreter anlässlich des Jahrestages zu einer Pressekonferenz nach Dresden in das Ökumenische Informationszentrum Dresden e.V. , Kreuzstraße 7, 01067 Dresden um 11:00 Uhr ein.
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Am 01.07.2009 wurde die damals im dritten Monat schwangere Marwa El-Sherbini während einer Gerichtsverhandlung, in der sie als Zeugin gegen den rechtsradikalen Angeklagten aussagte (wegen früherer rassistischer Beschimpfungen gegen sie, die er schriftlich gegenüber dem Amtsrichter wiederholte), durch achtzehn Messerstiche durch den Angeklagten ermordet; vor den Augen u.a. ihres Ehemannes, ihres damals drei Jahre alten Sohnes und des Richters in den Räumen des Landesgerichts Dresden. Das Motiv war Islamhass, Muslimfeindlichkeit und Rassismus. Der Ehemann, der seiner Frau zur Hilfe eilte, wurde ebenfalls vom Mörder und einem später herbeieilenden Polizisten, der ihn fälschlich als den Täter ausmachte, lebensgefährlich verletzt. Der Mörder von Marwa El-Sherbini und ihres ungeborenen Kindes wurde zu einer lebenslänglichen Haft verurteilt.