Wie der Terror in Zukunft bekämpft werden kann - Gespräch mit Nadeem Elyas
Anlässlich der heutigen Trauerfeier für die Opfer und Hinterbliebenen der Terroranschläge von Madrid hat der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nadeem Elyas, abermals den sogenannten islamistischen Terror ausdrücklich verurteilt. Solche Terroristen verfolgen selbst definierte Ziele, „die mit dem Islam nicht das Geringste zu tun haben." so Elyas in einem längerem Gespräch mit islam.de am heutigen Tag.
Dabei machte der Zentralratsvorsitzende klar, dass religiöse Rechtfertigungen und Slogans, die diese abscheuliche Tat in irgend einer Weise islamisch begründen sollen ein klarer Mißbrauch der Religion sind: „Davor ist weder der Islam, noch das Christentum, noch die Demokratie gefeit.“
Die sogenannten muslimischen Attentäter bedrohten immer mehr auch die Muslime selbst. Dies ist deutlich geworden durch die Anschläge in Casablanca, Riad oder Istanbul.
Zudem legt die jetzige Debatte den Verdacht nahe , „als wollen einige diese Tat um jeden Preis in die Nähe der islamischen Lehre sehen“. „Dies ist auch das Ziel der Terroristen, die die Muslime somit in Geiselhaft nehmen wollen“ „Wir dürfen ihnen nicht in die Hände spielen“ appelliert Elyas eindringlich auch in Richtung der Sicherheitsorgane. „Vor der großen Mehrheit der Muslime brauche sich die deutsche Gesellschaft nicht zu fürchten“.
Insbesondere Frauen mit Kopftuch oder Männer mit islamischer Tracht sind - seit den Anschlägen von Madrid in Deutschland - zunehmend Anfeindungen ausgesetzt. "Wir erleben täglich mehr verbale Angriffe; häßliche Zwischenfälle und Beleidigungen nehmen zu“ Droht die Stimmung zu kippen?
Den Vorschlag einer Videoüberwachung von Moscheen wies Elyas zurück. Viele Muslime fühlten sich durch solche Vorschläge pauschal verurteilt. Vielmehr sollten Moscheen geschützt werden; sie waren ja in der letzten Zeit auch Ziel von Anschlägen. Die bisherigen Durchsuchungen islamischer Einrichtungen hätten nicht zu Ergebnissen geführt, betonte er. Die Extremisten seien nicht in den Moscheen zu finden. Elyas forderte, endlich die Muslime in Deutschland zukünftig als Partner im Kampf gegen den Terrorismus anzusehen. „Die Forderungen an die Muslime, sich vom Terror zu distanzieren, ist berechtigt. Sie darf aber nicht den Eindruck entstehen lassen, dies wäre bis jetzt nicht erfolgt."
Elyas sieht aber auch das Problem einer zunehmenden Abschottung der Muslime und fordert die Muslime auf, sich stattdessen in das Alltagsleben sozial und politisch einzubringen - "auf allen Ebenen, angefangen bei der Kommunalpolitik", sagt er. Zugleich appelliert er dringend an Bund und Länder, mit den muslimischen Dachorganisationen verstärkt zusammenzuarbeiten und eine Integrationspolitik zu entwickeln, die konzeptionell den Besonderheiten der Muslime Rechnung trägt und sie gleichzeitig in die Pflicht nimmt. Die auf Seiten vieler Muslime vorhandene Bereitschaft zum Dialog und zur Öffnung „sollte in Zukunft besser in Anspruch genommen werden“ fährt der Vorsitzende fort.
Auf die Frage warum auf der offiziellen Trauerfeier in der Almudena- Kathedrale nach katholischem Ritus die Trauerfeier abgehalten wurde und nicht auch muslimische Riten zugelassen wurden, da ja auch Muslime unter den Opfer sind, entgegnete Elyas: „Da sie ohnehin nach islamischem Ritus später beerdigt werden, sei das nicht dringend erforderlich, auch ihnen gilt ja das Mitgefühl aller Anwesenden“
Eindringlich erinnerte der Zentralratsvorsitzende in diesem Zusammenhang auch an die Worte, die man nach dem 11. September gebraucht habe: „Der Terror kann nur vereint erfolgreich bekämpft werden, und zwar durch Bekämpfung seiner Entstehungsgründe“ Dazu zählt auch der Kampf gegen den Hunger, Ungerechtigkeit, kulturelle Bevormundung und politische Ungerechtigkeit.