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Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V.

Dienstag, 27.09.2011


27.09.11 Grußworte zum Neujahrsempfang - Rosh Hashanah - der Jüdischen Gemeinde zu Bremen am 26.09.2011 im Bremer Rathaus – Von Aiman A. Mazyek



Lieber Frau Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Elvira Noa, sehr geehrter Herr Bürgermeister Jens Böhrnsen, sehr geehrter Herr Propst Martin Schomaker, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Das jüdische neue Jahr - Rosh Hashanah - symbolisiert den Anfang des Lebens, die Erschaffung des Menschen und ruft auf zur Anerkennung des Schöpfungswerks und seines Schöpfers. In allen Synagogen erklingt das Schofar, das Horn eines Widders. Sein Schall fordert heraus mit der Frage: „ADAM, wo bist du? Mensch, wie stehst du vor deinem Schöpfer?“

Rosh haschanah, der Tag der inneren Umkehr, der Tag des Gerichts. Der Mensch wird aufgerufen, den Willen des Schöpfers nachzuahmen, um jegliches Leben zu erhalten und zu respektieren, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Liebe untereinander walten zu lassen. Jeder Mensch ist aufgerufen, sich tagtäglich um die Erneuerung von Frieden zu bemühen, er bittet innig seinen Schöpfer um Verzeihung, Nachsicht und Gnade im Gebet des „Avinu Malkeinu – Unser Vater, unser König“

Auch im Koran werden wir stets an das Jüngste Gericht erinnert, welches uns Menschen klar macht, dass alles Irdische vergänglich ist und das es unsere gute Taten bei Gott sind, die uns zu einem höheren Wesen machen oder nicht.
Unser Bündnis mit Gott ist stets von der Hoffnung getragen, dass unsere Vergehen und Versäumnisse vom Barmherzigen vergeben werden. Gott sagte mittels seines Gesandten Mohammad (Friede sei auf Ihn): „O Mensch, wenn auch deine Missetaten bis zu den Wolken des Himmels reichten, und du Mich um Vergebung bittest, so vergebe ich dir.“ (Hadith kudsi nach at-Tirmisi)

Eindringlich ruft Gott die Menschen im Koran auf: „Verliert nicht die Hoffnung auf Gottes Barmherzigkeit. Gewiss, Gott vergibt alle Sünden. Er ist ja der Allvergebende und Barmherzige.“ (Sure 39/Vers53).

Lieber Frau Noa, lieber Herr Dr. Grigori Pantijelew. Es ist mir eine große Ehre und Freunde heute das Fest mit Ihrer jüdischen Gemeinde zu feiern. Wir sind uns auch dessen bewusst, dass dies keine Selbstverständlichkeit ist, da hier ein Muslim steht, der Grußworte an Sie richtet im erst jungen deutschen muslimisch-jüdischen Dialog. Ich bin aber guter Hoffnung, dass dies bald eine Selbstverständlichkeit in unserem Land werden wird, dass Moscheen durch jüdische Freunde beehrt und Muslime Einladungen jüdischer Gemeinden Folge leisten werden.

Und es gibt bereits gute Beziehungen zwischen der jüdischen Gemeinde und den Muslimen hier in Bremen, mit der DITIB und mit Mustafa Yavuz und Mehmet Kilinc von der Schura Bremen sind bereits vielversprechende Pflöcke des gegenseitigem Respektes und Vertrauens gesetzt worden, die nun ausgebaut werden sollten. Anfang des Jahres hatten Mitglieder unseres Vorstandes und ich die Gelegenheit im Rahmen eines Spitzengespräches mit dem Präsidium des Zentralrates der Juden zusammen zu kommen. Dabei haben wir kein Thema ausgespart: Islamfeindschaft und Antisemitismus sowohl in der Gesellschaft insgesamt als auch in den eigenen Communities. Angetrieben waren wir von der Idee, dass wir Polarisierern und Spaltern in unserer Gesellschaft nicht das Feld überlassen wollen und dass wir dabei nicht vergessen, dass Juden und Muslime viel mehr miteinander verbindet als trennt.

Und im Mai trafen erstmalig Vertreter der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) und Vertreter des Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) zu einem Meinungsautausch zusammen. Dabei stellte wir übereistimmend fest, dass Deutschland ist unser aller Zuhause ist. In vielen Städten dieses Landes leben Juden und Muslime Seite an Seite. Unsere beiden Gemeinschaften sind wichtige Elemente des religiösen, kulturellen und sozialen Lebens in Deutschland. Der Dialog zwischen Juden und Muslimen ist für Deutschland ein Baustein im gemeinsamen Zusammenleben, welcher für unserer Gesellschaft nur zum Vorteil reicht, davon bin ich überzeugt.

Die Jüdische Gemeinde im Land Bremen feierte in diesen Tagen das 50-jährige Bestehen ihrer Synagoge. Im Beisein des Präsidenten des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, hat Landesrabbiner Netanel Teitelbaum eine neue Thorarolle eingeweiht.

Der Zentralratsvorsitzende Dieter Graumann sagte dazu Bemerkenswertes: „Nie hätten Juden in Deutschland in ihrer fast 1.700 Jahre alten Geschichte hier so frei und sicher leben können wie heute. Dies sollten alle als Chance begreifen, sich in der Gesellschaft zu engagieren.“

Ja, es gilt sich zum Wohle unserer Gesellschaft zu engagieren, und damit meine ich nicht Engagieren im Sinne von Missionierung. Die Verschiedenartigkeit und bunte Vielfalt der Menschen ist übrigens im Islam ein Zeichen Gottes und von Gott gewollt: „Oh ihr Menschen, Wir haben euch von einem männlichen und weiblichen Wesen erschaffen, und Wir haben euch zu Verbänden und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennen lernt. Der Angesehenste von euch bei Gott, das ist der Gottesfürchtigste von euch. (49:13) (4:1). Das ist der Grund der Verschiedenheit der Menschen, damit sie einander kennen lernen. Maßstab und Bewertung aller Menschen ist nicht ihre Volks- oder Rassenzugehörigkeit, sondern die Gottesfürchtigkeit, d.h. die Tat und die Rechtschaffenheit eines Menschen machen ihn zu einem besseren oder schlechteren Menschen.

Als abrahamitische Religionen und Träger göttlicher Offenbarungen, als „Leute der Schrift“ müssen Muslime Juden und Christen respektieren und anerkennen. Zudem spricht der Koran von allen Propheten und vor allem von Moses und Jesus mit großem Respekt und erkennt sie als großartige Propheten an. Würde ein Muslime Jesus oder Moses verneinen, die Thora und dass Evangelium, dann würde er unmittelbar seine eigenen Glauben dementieren.

Der Islam bedeutet direkt übersetzt Frieden und der Muslim ist angehalten, mit Gott, seinen Mitmenschen, mit seiner Umwelt und mit sich selber in Frieden zu leben. Das tägliche „Salamu alaikum“ (übersetzt „Friede sei auf Dir“) - der muslimische Friedensgruß – erzieht uns zu dieser Haltung.

Die Juden haben einen ganzen ähnlichen Gruß und ihnen bedeutet diese Grußformel, dass ihren Angehörigen und Freunde Frieden schenken.

Indem Sinne entbiete ich Ihnen mit den besten Wünschen zum Rosh Hashanah 5772 – den jüdischen Friedensgruß: Schalom Alechem! Friede sei auf Ihnen allen!

Bremen, 26.09.2011