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Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V.

Dienstag, 10.05.2011


10.05.11 ZMD bei Anhörung im Bundestag: Zustimmung für Novelle des Transplantationsgesetzes

Stellungnahme des Zentralrates der Muslime in Deutschland zum Gesetzesentwurf zur Änderung des Transplantationsgesetzes (TPG) zur Umsetzung der Richtlinie 2010 / 53 / EU über Qualitäts-und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe vom 7. Juli 2010

Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) begrüßte bereits 1997 das neu gefasste Transplantationsgesetz (TPG), das der Deutsche Bundestag verabschiedet hatte, an dessen Anhörungen auch er damals beteiligt war (siehe: http://zentralrat.de/14633.php).

Der ZMD begrüßt zudem die Änderung zum TPG zur Richtlinie 2010 / 53 / EU.

Durch die Änderung werden EU Richtlinien entsprochen, das TPG wird transparenter und sicherer und Organspenden können so auch nach 30 Jahre rückverfolgt werden. Die Anforderungen an die Organ- und Spendercharakterisierung werden dadurch konkretisiert und verbessert.

Schwerwiegende Zwischenfälle und unerwünschte Reaktionen sollen schneller gemeldet werden können. Dafür ist das komplexe und notwendige Zusammenspiel des Transplantationsbeauftragten des Entnahmekrankenhauses, der Rechtsmedizin, der Koordinierungsstelle, der Labore und dem verantwortlichen Arzt, der das Organ transplantiert erforderlich.

Für Todspenden definierte die internationale Versammlung für islamisches Rechtswesen in ihrem Treffen 1986 in Amman (Jordanien) den Tod aus islamischer Sicht wie folgt: „Der menschliche Tod gilt beim vollständigem irreversiblen ärztlich festgestellten Herz- und Atemstillstand oder beim irreversiblem ärztlich festgestelltem Ausfall der Hirnfunktion, auch wenn die Herz- und Atemfunktion noch mechanisch aufrechterhalten werden kann.“ Dieser islamisch-rechtlichen Position entspricht auch die des Gutachterrates des Zentralrates.

Die Entnahme eines Organs aus dem Körper eines Menschen und seine Verpflanzung in den Körper eines anderen Menschen ist eine erlaubte lobenswerte Handlung und wohltätige Hilfeleistung, die unter Berücksichtigung folgender Einzelheiten den islamischen Vorschriften und der Menschenwürde nicht widerspricht:

- Die Organverpflanzung muss die einzig mögliche medizinische Behandlungsmaßnahme für den Empfänger sein.

-Der Erfolg bei beiden Operationen, sowohl der Entnahme als auch der Einpflanzung, muss für gewöhnlich oder in den meisten Fällen gesichert sein.

-Bei Lebendspenden darf die Organentnahme beim Spender nicht zu einer Schädigung führen, die den normalen Lebensablauf stört, da der islamische Grundsatz lautet:“ Ein Schaden darf nicht durch einen anderen Schaden gleichen oder größeren Ausmaßes behoben werden.” Der Spender würde sich in diesem Fall sonst selbst ins Verderben stürzen, was islamisch nicht erlaubt ist.

Da jedem Menschen von Gott Ehre erwiesen und Würde verliehen wurde, können Muslime, Anhänger anderer Offenbarungsreligionen und Glaubensverweigerer unabhängig von ihrer weltanschaulichen Überzeugung sowohl als Organspender als auch als -empfänger akzeptiert werden.
Die Entnahme von Organen von einem toten Menschen darf nur nach seiner zu Lebzeiten und bei voller geistiger Kraft erfolgter ausdrücklicher Zustimmung erfolgen. Eine Erlaubnis kann von den Angehörigen erteilt werden, unter der Bedingung, dass vom Verstorbenen keine ausdrückliche Verweigerung zu Lebzeiten ausgesprochen wurde und dass die anderen o.g. Vorschriften beachtet werden. Kauf und Verkauf von menschlichen Organen sowie sonstiger Organhandel widerspricht der Menschenwürde und ist verboten.

Muslime, die auch nach ihrem Tod Gutes tun wollen, sollen sich rechtzeitig über die Möglichkeiten der Organspende informieren und sich einen Organspende-Ausweis zuzulegen.(Koran: „Wer nun im Gewicht eines Stäubchens Gutes tut, wird es sehen. Und wer im Gewicht eines Stäubchens Böses tut, wird es sehen.“ Sure 99:8 -9.)

Der ZMD setzt sich seit langen verstärkt insbesondere in den muslimischen Gemeinschaften in Deutschland dafür ein und wirbt zusammen z.B. mit DRK mit solchen Aktionen. Aus islamischer Sicht gilt die Organspende als eine hochangesehene und verdienstvolle Tat, die dem Gottesdienst nahe kommt. Ein verstorbener Großmufti von Ägypten beispielsweise hatte seine sterbliche Hülle für Zwecke der Organverpflanzung vermacht. Der ZMD wird sich dafür einsetzen, dass muslimische Bürger hierzulande diesem Beispiel folgen. Durch diese Bemühung hoffen wir dazu beizutragen, dass die Not vielen Leidenden in unserem Land gemindert wird.

Köln, 09.05.2011

Ausgearbeitet u.a. von Dr. Houaida Taraji (Ärztin), Frauenbeauftragte des ZMD und Dr. Nadeem Elyas (Arzt), Beiratsvorsitzender des ZMD

Gez: Aiman A. Mazyek, Vorsitzender des ZMD