03.10.09 Rede des ZMD-Generalsekretär Aiman Mazyek zur Veranstaltung "Für ein offenes Europa ohne Diskriminierungen" in Berlin
Liebe Bürgerinnen und Bürger Berlins, verehrte Mitstreiterinnen und liebe Glaubensgeschwister!
Einschlägig bekannte Gruppen besudeln heute mit ihrem antimuslimischen Rassismus und ihrer Islamfeindlichkeit den Geist der Einheit, den Tag der deutschen Einheit.
Verachtung gegenüber Fremden, Überlegenheitsdünkel gegenüber Menschen, die man aufgrund ihrer Hautfarbe, Religion oder Kultur als weniger wert ansieht – das alles hat einen Namen: Rassismus und Menschenverachtung. Sie können zum Äußersten verleiten, wie der Mord an Marwa El-Sherbini Anfang Juli in Dres¬den gezeigt hat.
Ich kenne wenige Demonstrationen, die schon im Vorfeld erfolgreich sind, noch bevor die Veranstaltung überhaupt begonnen hat. Diese heute gehört jedenfalls dazu. Denn Pax Europa war gezwungen mehrmals ihre Strategie zu ändern, bis sie heute kleinlaut vorgibt, angeblich für Menschenrechte und Toleranz zu werben.
Dank Ihrer und Eurer Hilfe, liebe Mitstreiter und Mitstreitrinnen - dieses beeindruckende und breite Bündnis von Kirchen, Religionsgemeinschaften, Gewerkschaften, Parteien - eine bunter Strauss an Institutionen und Menschen des öffentlichen Lebens – habt ihr zusammengestellt! Ein großer Dank an die Veranstalter: Reachoutberlin und die Gemeinde der Gedächtniskirche! Gut, dass ihr alle heute euch versammelt habt und deutlich macht: Berlin bleibt bunt – und das ist auch gut so!
Rassismus
Liebe Berlinerinnen und Berliner, was hier passiert, geht alle an – Muslime wie Nichtmuslime. Menschenverachtende Handlungen, ganz gleich ob sie sich gegen Juden, Christen, Muslime oder Mitmenschen ohne Glau¬ben richtet, be¬deuten ein Angriff auf den demokratischen Rechtsstaat und sind eine Gefahr für die Grundfesten unserer Gesellschaft.
Wir dürfen uns nicht von jenem krankhaften Hass anstecken lassen, der offenkundig jene Menschen erfasst hat. Hass darf nicht zu mehr Hass oder Gegenhass führen. Wir dürfen die schreckliche Saat von Extremisten jeglicher Färbung nicht auf¬gehen lassen, denn dann hätten sie gewonnen.
Der Muslime Aufgabe
Doch wir Muslime müssen auch klar machen, dass wir Solidarität nicht nur dann öffentlich zeigen sollen, wenn wir angegriffen werden. Antisemitismus, Frem¬den¬feind¬lichkeit, Rassismus jeglicher Ausgestaltung müssen auf unseren entschiede¬nen Widerstand stoßen.
Die Terror-Hassvideos vor ein paar Tagen sind vom selben Geistes Kind. Mit Hilfe von Ideologie oder Religion zeigen diese Menschen ihre Verachtung gegenüber den anderen und rechtfertigen so, Feindschaft unter den Menschen zu stiften.
Auch an dieser Stelle deutlich: Auch diese Leute werden auf unseren entschiedenen demokratischen Widerstand stoßen, wir lassen uns weder von Rechtsradialen, noch von Linksradikalen noch von Religionsfanatikern vereinnahmen und instrumentalisieren!
Friedrich Schiller
„Alle Menschen werden Brüder“, heißt es bei Schiller. Es ist die Strophe, die uns ehrfurchtsvoll und demütig unser eigenes Wesen bei den feierlichen Klängen Beethovens erkennen lässt. An vielen Plätzen heute zum Tag der deutschen Einheit wird dieses Stück aufgeführt – das ist auch gut so. Lasst und anfangen, im Geiste und als Erben dieser großen Europäer zu handeln und zu praktizieren. Was nützt das Gerede von der Rettung Europas, wenn ich nicht einmal die diese entscheidenden Gedanken verstehe, ja das Gegenteil davon tue und sage?!
Tag der Offenen Moschee (TOM)
Der Gedanke der Einheit war auch federführend, als man vor 13 Jahren am Tag der deutschen Einheit den Tag der Offenen Moschee ausrief. Heute ist dies eine feste Institution. Jedes Jahr öffnen hunderte Moschee ihre Pforten, öffnen tausenden Muslime ihre Herzen und kommen ebenso tausende Bürgerinnen und Bürger ihnen einen Besuch abstatten.
Im Geist der der Brüderlichkeit, der Toleranz und des sozialen Friedens in unsere Gesellschaft: Macht nach der Kundgebung einen Abstecher in eine dieser Moscheen, und besucht eure türkischen und muslimischen Nachbarn!
Muslime wollen damit demonstrieren, dass sie sich dazugehörig fühlen, dass sie ein Teil dieser Einheit sind, dass sie ihr Bestes geben wollen, damit diese gestalten werden kann. Einige in unserem Land wollen das nicht, stiften Zwietracht, trachten danach über die Eintrittkarte von Islambashing und Verbreitung von Lügen und Horrorszenarien über die Muslime einen Keil zwischen den Religionen und Kulturen zu treiben. An die Adresse dieser Brandstifter sage ich: Lasst ab von Euren niederen Instinkten und praktiziert die Freiheit und Toleranz, wie sie wirklich im Grundgesetz steht!
Berlin, bleib bunt – das ist gut so!