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Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V.

Dienstag, 21.06.2016


21.06.2016 Stellungnahme des ZMD zur geplanten Änderung der Präambel der Schleswig-Holsteinischen Landesverfassung

Stellungnahme vom 09.06.2016 auf Anfrage des Schleswig-Holsteinischen Parlaments

Der ZMD begrüßt die vorgesehene Änderung der Präambel der Landesverfassung sehr. Als  Muslime ist für uns ebenso wie für andere religiöse Menschen der Bezug auf Gott als  handlungsleitend für die Verantwortungsübernahme in Staat und Gesellschaft zentral. Da wir an  Gott glauben, glauben wir auch, für unsere Handlungen in Politik und Gesetzgebung ebenso wie  im privaten Alltag uns stets vor Gott verantworten zu müssen.

Dass die Präambel der schleswig-holsteinischen Verfassung dies nun explizit als ein handlungsleitendes Prinzip für diese Verfassung und die darin den Maßstab darstellenden unveräußerlichen Menschenrechte sowie den inneren Frieden und das Miteinander im Land  hervorhebt, dem können Muslime nur Respekt zollen. Die mancherorts geäußerte Befürchtung, mit dem verbalen Verweis auf Gott sei eine Bevorzugung des christlichen Gottesglaubens verbunden, können wir Muslime aus dem vorgelegten Text nicht nachvollziehen, schließlich ist "Gott" nur die deutsche Übersetzung des arabischen Wortes "Allah", der von den arabischen Christen in gleichem Maße verehrt wird wie von den Muslimen. Ebenso wenig stoßen wir uns nicht an der Tatsache, dass anstelle des "Glaubens an Gott" auch die allgemein akzeptierten Werte als handlungsleitend angesehen werden können. Wenngleich wir selbst glauben, dass diese allgemeinen internationalen humanen Werte der Religion und der göttlichen Würdigung seines Geschöpfes Mensch erwachsen sind,
verlangt der Islam ebenso wie das Deutsche Grundgesetz, dass Glaubensfreiheit Grundlage unseres Zusammenlebens darstellen sollte. Diese Forderung sollte sich demnach auch in der schleswig-holsteinischen Landesverfassung wiederspiegeln.
Um die in diesem Präambeltext implizit verlangte Gleichberechtigung aller Religionen und Formen von Religiosität in der politischen und rechtlichen Praxis gerecht zu werden und zu
demonstrieren, dass der Gottesbezug in der Landesverfassung keineswegs eine Bevorzugung des Christentums gegenüber anderen Religionen, insbesondere gegenüber dem Islam beinhaltet, appellieren wir an die Abgeordneten des schleswig-holsteinischen Landtags:

• Beseitigen Sie alle rechtlichen Hürden, die für die islamische Praktizierung und den Islam als Religionsgemeinschaft in Schleswig-Holstein noch bestehen.
• Gestehen Sie den muslimischen Religionsgemeinschaften den körperschaftlichen Status zu, den christliche Kirchen und jüdische Gemeinden dort bereits seit Generationen für sich als selbstverständlich erachten.
• Schaffen Sie die Bedingungen dafür, dass Muslime vom Kindergarten über Schule und Hochschule, bis hin zu Altenheimen und Totenbestattung in Schleswig-Holstein in gleicher Weise wie Christen, Juden, Anders-und auch Nichtgläubige ihre weltanschaulichen Vorstellungen ausleben und den Ritualen ihres Glaubens gemäß vollziehen können.