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Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V.


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Mittwoch, 02.10.2002

30.09.02 Bundesweiter "Tag der offenen Moschee" - Aktuelle Situation der Moscheen in Deutschland



Bundesweiter "Tag der offenen Moschee"
Aktuelle Situation der Moscheen in Deutschland


Am 3. Oktober läuft zum sechsten Mal die Aktion "Tag der offenen Moschee" in Deutschland. Diese in der Welt bisweilen einzigartige Aktion geht auf eine im Jahre 1997 gestartete Initiative des Zentralrats der Muslime in Deutschland zurück und entwickelte sich im Laufe der Jahre zum Selbstläufer. Hunderte Moscheen aller islamischen Verbände nehmen Jahr für Jahr daran teil. Ihre Zahl belief sich in manchen Jahren auf 1200 Moscheen. Der bewusst gewählte Zeitpunkt am Tag der Deutschen Einheit sollte das Selbstverständnis der Muslime als Teil der deutschen Einheit und ihre Verbundenheit mit der Gesamtbevölkerung zum Ausdruck bringen.

Das letzte Jahr zeigte uns deutlich, wie eng die Begriffe Einheit, gesellschaftlicher Zusammenhalt und innere Sicherheit miteinander verbunden sind. Diese Werte drohten nach dem 11. September 2001 in Gefahr zu geraten, was uns veranlasste, die Moscheen aufzurufen, die Freitagspredigten in deutsch zu halten, nichtmuslimische Nachbarn gezielt zu sich einzuladen und den "Tag der offenen Moschee" 2001 wegen der damaligen kritischen Lage nicht ausfallen zu lassen, sondern nach dem Motto "Jetzt erst recht!" verstärkt auszunutzen, um Ängste und Unsicherheiten abzubauen.

Nach dem 11. September 2001 wurde der Islam oft unterschwellig und manchmal offenkundig in Zusammenhang mit dem Terrorismus gebracht; den Muslimen wurde unterstellt, für Fanatismus und Gewalttätigkeit besonders empfänglich zu sein. Eine Kluft zwischen Muslimen und Nichtmuslimen drohte sich aufzutun. Der Schutz des gesellschaftlichen Friedens wurde von uns als die Priorität der Stunde bezeichnet, der Tag der offenen Moschee als eine Chance für alle Moscheegemeinden, die friedensstiftenden Werte des Islam vorzustellen, das Gespräch mit den Nachbarn zu ermöglichen und die eigenen islamischen Überzeugungen darzustellen.

200.000 Besucher nahmen voriges Jahr diese Gelegenheit wahr, den Islam und ihre muslimischen Nachbarn näher kennen zulernen, ihre Fragen zu stellen und - was uns besonders beeindruckte - ihre Solidarität mit den Muslimen zu zeigen.

All die, die nach dem 11. September 2001 glaubten, sie könnten uns Muslime mit ihren Beschimpfungen, Beleidigungen und Drohungen aus der Öffentlichkeit verdrängen, baten wir damals - wie wir das heute tun - "um Entschuldigung", dass wir ihre Hoffnung enttäuscht haben und immer in dieser Hinsicht enttäuschen werden. Unsere Antwort lautete: "Wir lassen uns von Extremisten nicht verdrängen, wir werden uns nicht verkriechen, wir haben als Muslime nichts zu verbergen, wir werden der deutschen Gesellschaft nicht den Rücken kehren."

Die Materialbestellungen zum "Tag der offenen Moschee" stiegen dieses Jahr um das Doppelte. Die Moscheen in Deutschland spüren nicht nur den großen Bedarf nach mehr Wissen über den Islam, sie erfahren nicht nur Beschimpfungen, Beleidigungen und Drohungen, nein, sie sehen sich selbst und ihre Moscheen im Mittelpunkt von Verdächtigungen und Pauschalurteilen.

Als wir am 16. September 2001 die Streichung des Religionsprivilegs im Vereinsgesetz befürworteten und darin ein Instrument zur Ermittlung derjenigen Vereine sahen, die den Islam für ihre verfassungswidrigen Zwecke missbrauchen, warnten wir im gleichen Atemzug davor, Moscheen als Horte des Terrorismus pauschal zu verurteilen und ihre Würde als Gotteshäuser anzutasten. Unsere Befürwortung erfolgte unter der ausdrücklichen Voraussetzung des Schutzes der Würde dieser Gotteshäuser. Wir ermahnten zu einem behutsamen Umgang mit den islamischen Institutionen und zur Beachtung der Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und der Mäßigung.

Unsere Ermahnungen scheinen nicht gehört worden zu sein. Heute sehen sich die Muslime nicht nur pauschal beschuldigt und durch Rasterfahndungen kriminalisiert, ihre Gotteshäuser werden zudem leichtfertig durchsucht und rücksichtslos, ja demütigend entwürdigt. Bis jetzt wurden 38 Vereine verboten, im Zusammenhang damit 150 bis 200 Wohnungen und Büros, sowie weitere 5 Moscheen durchsucht.

Oft ließ die Art des Umgangs und die Wahl des Zeitpunktes jede Sensibilität der Verantwortlichen für Gefühle der Muslime vermissen. Die Schließung der Moscheen des verbotenen Kaplanvereins erfolgte in der Nacht zum 27. Ramadan, einem mit Heiligabend vergleichbaren Höhepunkt im islamischen Kalender und einem Tag mit dem höchsten Besucherzulauf. Auch wenn das Verbot einzusehen ist, fragt man sich, ob nicht Rücksicht auf nicht beteiligte Muslime hätte genommen und das gleiche Ergebnis zu einem späteren Zeitpunkt hätte erreicht werden können.

Auf wage Hinweise wird nicht vorerst verdeckt ermittelt, sondern mit massivem Einsatz zugegriffen. Auf den Hinweis, dass sich eine ägyptische Person, die auf den Terroristen-Fahndungslisten zu sein scheint, in der Al-Nur-Moschee in Hamburg aufhalten könnte, stürmen 238 Polizeibeamte mit Maschinengewehren um 5 Uhr früh nicht nur die angegebene Moschee sondern gleich zwei weitere im Gebäudekomplex befindliche Moscheen. Sie zertreten grundlos fünf Türen und betreten die Gebetsräume mit Stiefeln. Ausbeute: 8 Personen mit abgelaufener Aufenthaltserlaubnis! Auf Kritik eines muslimischen Verantwortlichen sagt ein Staatsrat aus der Schill-Partei: "Es geht darum, Präsenz zu zeigen und den Hamburgern das Gefühl von Sicherheit zu vermitteln."

Auf Hinweis eines Busfahrers, der auf der Autobahn in einem vorbeifahrenden PKW Osama Bin Laden in voller Pracht, wie er sonst auf den Fahndungsfotos zu sehen ist, erkannt haben will, ermittelt die Polizei den PKW-Halter und verfolgt die Spur nach einer Moschee in Frankfurt. Dieser Hinweis, der laut Hinweisgeber selbst und Polizeiakte als "verrückte Meldung" bezeichnet wird, führt zu einem schwerbewaffneten Einsatz der Polizei. Ein richterlicher Beschluss wird nicht eingeholt, weil angeblich Gefahr im Verzug war. Es ist interessant zu wissen, dass der Einsatz 56 Stunden (2 ½ Tage) nach dem ersten Hinweis bzw. 32 Stunden (1 ½ Tage) nach Ermittlung der Frankfurter Moschee erfolgte. Trotzdem gab es nach Ansicht der Polizei weder Zeit dazu, einen richterlichen Beschluss zu erwirken, noch Plastiküberschuhe vor Betreten des Gebetsraumes zu überziehen. Gefunden in der Moschee wurde nicht Osama Bin Laden sondern lediglich ein vermeintlich gestohlenes Autoradio.

Ob sich alle als Teilorganisationen des Kalifatstaates bezeichneten und daraufhin verbotenen Vereine als solche erweisen, wird die Justiz zu klären haben. Schmerzhaft ist für jeden Muslim zu sehen, wie Muslime auf offener Straße ihr Freitagsgebet verrichten müssen, wie dies letzte Woche geschehen ist, weil ihre Moschee geschlossen wurde. Des Öfteren wiesen wir darauf hin, dass die Moscheegemeinde nicht immer mit der Vereinsleitung gleich zu setzen ist, und dass man auf diese unbeteiligten Muslime Rücksicht nehmen muss und ihr Vertrauen nicht verlieren darf. Unsere Empfehlung lautete: Bildung eines Auffangvereins auf Bundesebene, der die Leitung der lokalen Gebetsräume unmittelbar nach dem Vereinsverbot an neutrale Gemeindemitglieder mit strikten Auflagen übergibt und für Gewährleistung des allernötigsten Gemeindelebens sorgt. Wir hoffen, dass dadurch das Vertrauen der Muslime in ihren Staat gestärkt wird und sind gerne bereit, dabei mit Behörden, Vertrauenspersonen des öffentlichen Lebens und anderen islamischen Dachverbänden zusammenzuarbeiten.

Wir sind nach wie vor der Meinung, dass der Rechtsstaat gegen verfassungsfeindliche Gedanken und Aktionen wehrhaft sein muss. Dies begrüßen wir eindeutig und unterstützen es mit all unseren Kräften und Möglichkeiten. Wir verstehen die Ängste der Bevölkerung und teilen mit ihnen den Wunsch nach Sicherheit. Auf der anderen Seite ermahnen wir unentwegt zur Besonnenheit und Bewahrung der Verhältnismäßigkeit und warnen davor, das Vertrauen der breiten Masse der hier seit Jahrzehnten verfassungskonform lebenden und allen Bürgerpflichten nachgehenden Muslime aufs Spiel zu setzen. In Richtung Muslime riefen wir stets - insbesondere in den schweren Stunden nach dem 11. September 2001 - zur Distanzierung von Gewalt und zur Unterstützung der Behörden bei der Bekämpfung des Terrorismus auf.

Der "Tag der offenen Moschee" 2002 soll, meine sehr verehrten Damen und Herren, ein weiterer konstruktiver Schritt in dieser Richtung sein. Das erst für nächstes Jahr vorgesehene Motto "Muslime - mitten in der Gesellschaft" soll jetzt schon inoffiziell Leitgedanke für uns sein. Die hundert Tausenden Begegnungen, die wir uns am 3. Oktober erhoffen, sollen Brücken des Dialogs und des besseren Verständnisses sein. Weder akzeptieren wir Muslime, an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden, noch ist es im Sinne der Gesellschaft eine Parallelgesellschaft neben sich zu haben. Die Gefahr der Spaltung und des Konfliktes wäre unvermeidbar.

Mit Moscheeführungen, Podiumsdiskussionen, Ausstellungen, Büchertischen und Folklore suchen die Moscheegemeinden das Gespräch mit ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern und empfangen sie in gewohnter Gastfreundschaft bei Tee, Kaffe und Spezialitäten aus aller Welt.

An diesem Tag sollen die Moscheen im Mittelpunkt stehen, die sie ja Orte der Begegnung der Gläubigen unter sich und Orte ihrer Begegnung mit Gott sind, Orte des Friedens und der Frömmigkeit, Orte der Bildung und des Wissens, Orte des gesellige

Die Öffnung unserer Moscheen am 3. Oktober ist unser klares Bekenntnis zu dieser Gesellschaft.



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