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Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V.


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Mittwoch, 19.05.1999

100 Tage Frauenbeauftragte des ZMD



Tagung “Muslimische Frauen
in Deutschland -
Theorie und Wirklichkeit”

Anläßlich 100 Tage Frauenbeauftragte des Zentralrats der Muslime in Deutschland fand am 19. Mai 1999 die Tagung “Muslimische Frauen in Deutschland -Theorie und Wirklichkeit” in der Islamischen Akademie Villa Hahnenburg (ISLAH) in Köln statt.
Bei dieser Tagung sprach Frau Marion Böker, die Bundesreferentin der Bündnis 90/Die Grünen zum Thema “Frauenrechte in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland - Theorie und Wirklichkeit”.
Das Thema “Frauenrechte im Islam - Theorie und Wirklichkeit” behandelte Frau Eva Shabassy, Mitglied des Pädagogischen Ausschusses des ZMD.
Die Wichtigkeit des Amtes der Frauenbeauftragten betonte der Vorsitzende des Zentralrats, Dr. Nadeem Elyas, angesichts der großen Defizite, die es bei der Beteiligung der Frauen auf führender Ebene vieler islamischer Vereine gibt, bei gleichzeitiger unislamischer Benachteiligung der Frauen in vielen muslimischen Familien.

Am 135. Tag ihrer Tätigkeit als Frauenbeauftragte legte Frau Ulrike Thoenes folgenden Bericht vor:

Seit dem 01.01.1999 bin ich Frauenbeauftragte des Zentralrats der Muslime in Deutschland. Von einigen Reportern wurde ich gefragt: “Wird der Islam jetzt auf die Moderne getrimmt?” oder “Sind Sie die Alibi-Frau, um dem Islam den Anschein der Frauenfeindlichkeit zu nehmen?”
Keine dieser Fragen hat eine Berechtigung, denn das Amt der Frauenbeauftragten ist keine Erfindung der Neuzeit, es gab es schon zu historischen Zeiten, und frauenfeindlich ist der islam auch nicht.
Stellt man sich nun die Frage, “Braucht der Islam denn dann eine Frauenbeauftragte?” - so muß ich darauf antworten: “Nein! Der Islam braucht keine Frauenbeauftragte, denn in der Religion sind die Rechte der Frau klar umrissen und ausgewiesen, sie stehen fest.”

Aber - “Braucht denn die muslimische Frau eine Frauenbeauftragte?” Diese Frage muß man leider mit “Ja” beantworten, denn zwischen der Theorie, der Lehre des Islam, und der Praxis, was daraus gemacht wurde, liegen manchmal Welten.

Ich möchte es deshalb einmal so ausdrücken: Der Islam unterdrückt die Frauen nicht, das tun die Männer.

Noch heute verdienen Frauen für gleiche Arbeit weniger Geld. Auch in den Industrieländern betragen die Durchschnittslöhne für Frauen immer noch nur 75% der Löhne für Männer. Je größer der Frauenanteil eines Berufes ist, desto geringer ist sein Sozialprestige. Aber selbst in von Frauen dominierten Berufen sind die Spitzenpositionen zumeist von Männern besetzt.

Die meisten Frauen arbeiten an monotonen, rationalisierungsgefährdeten und konjunkturanfälligen Arbeitsplätzen. Das Argument der Männer, das läge an der mangelnden Qualifikation der Frauen ist falsch.

Frauen haben im Durchschnitt bessere Abschlüsse als Männer und müssen für die gleichen Startchancen bessere Vorleistungen bringen.
Weltweit sind zwei Drittel der Analphabeten Frauen. Zwei Drittel der Kinder, die keine Grundschule besuchen oder sie vorzeitig abbrechen, sind Mädchen.
Jede dritte Frau muß ohne männliche Hilfe für die Ernährung und Erziehung ihrer Kinder aufkommen.
Trotz rechtlicher Gleichstellung in vielen Ländern werden Frauen weiterhin persönlich, sozial, wirtschaftlich und politisch benachteiligt.
Die Gewalt gegen Frauen nimmt zu, wie die Beispiele Frauenbeschneidung, Massenvergewaltigung als Mittel der Kriegsführung, traditionelle und religiöse Diskriminierung - oder was man dafür hält - zeigen.

Diese Situation trifft für alle Frauen der Welt mehr oder weniger zu.

Glücklicherweise gibt es auch Frauen, auf die diese Schilderungen gar nicht zutreffen. Trotzdem gibt es aber leider noch viel zu viele - und eine einzige wäre schon eine zu viel.

Mehr oder weniger werden Frauen ausgebeutet, unterdrückt, in ihrer Würde verletzt, auch im privaten Bereich, in der Ehe, der Familie. Die Frauenhäuser sind voll, auch mit muslimischen Frauen.

Menschenrechte sind auch Frauenrechte.

Im Islam sind die Männer verantwortlich für die Frauen, das bedeutet, daß ihnen eigentlich die Wahrung der Rechte der Frauen obliegt. Sicherlich gibt es, Gott sei Dank, genügend Männer, die sich dieser Verantwortung auch bewußt sind und in der Nachfolge des Propheten Muhammad die Frauen bestens behandeln. Der Prophet, Friede sei mit ihm, hat gesagt: “Die vollkommensten im Glauben sind von den Gläubigen die Besten an Charakter und Benehmen, und die Besten von euch sind die, die ihre Frauen am besten behandeln.”

Dennoch kenne ich genügend andere Fällen in denen vielleicht aus Unkenntnis, wegen fehlender Bildung, manchmal auch wegen eines nicht so guten Charakters die Rechte der Frauen beschnitten werden, und Frauen der Willkür der Männer ausgeliefert sind.

Unterdrückung braucht aber neben dem Unterdrücker auch jemanden, der sich unterdrücken läßt. Leider kennen viele Frauen ihre Rechte nicht gut genug, um sich gegen die Ungerechtigkeiten zur Wehr zu setzen.

Bildung und Wissen bedeuten, für Männer und Frauen gleichermaßen, deshalb auch eine Voraussetzung für gottgefälliges Leben.

Wir Muslime, die in Deutschland leben, sind theoretisch zweifach geschützt: Einmal durch die islamischen Rechte und zum zweiten durch das Grundgesetz, das den Frauen in Deutschland ihre Rechte gibt, - die aber leider auch von vielen Männern nicht beachtet werden.

Meine Arbeit als Frauenbeauftragte gliedert sich in zwei große Bereiche:

Zum einen Kontakte zur nicht-muslimischen Bevölkerung, zum anderen Beratung der muslimischen Frauen in verschieden Bereichen.

Ich habe begonnen, Kontakte zu anderen Frauenbeauftragten, Frauenreferentinnen zu knüpfen, um auch über ihre Arbeit etwas zu erfahren und um auch zu zeigen, daß die muslimischen Frauen Teil der deutschen Bevölkerung darstellen.

Ein Teil meiner Arbeit für die nicht-muslimische Bevölkerung besteht auch aus Öffentlichkeitsarbeit, d.h. Kontakten zu den Medien, aber auch aus dem inzwischen recht gut ausgebauten Service für Vortrags- und Seminaranfragen. Besonders in der letzten Zeit ist es mir gelungen, bundesweit alle Anfragen von Universitäten, Volkshochschulen, Kirchenkreisen, Familienbildungsstellen usw. zufriedenstellend zu beantworten, d.h. kompetente Muslimas zu vermitteln, die dann zu unterschiedlichen Themen referierten.

Viele Anfragen kommen auch von Schülerinnen oder Studentinnen, die nach Literaturlisten zum Thema “Islam”, bzw. “Frau im Islam” fragen.

Aber auch aus anderen Berufszweigen wird nach Publikationen zum Thema angefragt. Zum Beispiel wurde um Information gebeten zu "Berufstätigkeit der Frau", "Betätigung im öffentlichen, politischen Leben", "Mädchen in der Schule: Sport- und Schwimmunterricht, Klassenfahrten, Weiterbildung, Freizeitaktivitäten usw." Beratungsstellen fragten nach Muster-Eheverträgen und es wurde um Adressenvermittlung für Frauen in binationalen/bireligiösen Ehen gebeten.

Die Beratung der muslimischen Frauen gliedert sich auch wieder in mehrere Bereiche:

Einmal rufen Frauen mit ganz persönlichen Problemen in Ehe und Familie an. Über diese Probleme spreche ich selbstverständlich nicht, da habe ich mir eine Schweigepflicht auferlegt. Frauen, die sich mir anvertrauen, können da auch ganz sicher sein, daß ich nichts weitererzähle. Ich kann aber so viel sagen, daß sich die Eheprobleme immer wieder aus der Tatsache ergeben, daß sich die Ehemänner nicht an die vom Islam aufgestellten Regeln halten.

Neben diesen privaten Problemen sprechen mich immer wieder Frauen an, die Probleme am Arbeitsplatz, in der Schule oder in der Ausbildung mit dem Kopftuch haben. Es wird ihnen unmöglich gemacht, mit Kopftuch eine Lehre zu beginnen, sie finden keinen Arbeitsplatz oder werden in der Schule unterdrückt. Diesen Frauen kann ich immer nur Mut zusprechen und sie ermuntern, weiter zu suchen, in der Hoffnung, daß es vernünftige Mitmenschen gibt, denen es mehr darauf ankommt, was im Kopf, als was auf dem Kopf ist.

Bei Problemen mit Behörden, hier hauptsächlich mit Einwohnermeldeämtern bei der Ausstellung eines Passes mit einem Foto mit Kopftuch, kann man glücklicherweise auf bestehende Gesetze verweisen, die es erlauben, ein solches Paßbild zu benutzen.

Muslimische Frauen rufen auch an, um Kontakt zu anderen muslimischen Frauen, zu Moscheegemeinden zu bekommen, fragen nach Freizeitaktivitäten, nach Unterricht.

Besonders in den neuen Bundesländern gibt es wohl große Probleme, Frauengruppen zu finden. Auch hier habe ich begonnen, eine Adressenkartei anzulegen, also eine Art Frauenalmanach.

Es gibt noch viel zu tun, aber mit Befriedigung habe ich festgestellt, daß meine Arbeit dankend von den muslimischen Frauen honoriert wird.

Auch die Reaktion der nicht-muslimischen Bevölkerung zeigt, daß sie froh ist, einen Ansprechpartner in mir gefunden zu haben.



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