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Zentralrat der Muslime in Deutschland e.V.


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Donnerstag, 29.10.1998

Welches Erbe hinterlassen wir?



Dr. Nadeem Elyas
Vorsitzender des Zentralrats der Muslime in Deutschland

2. Konferenz des Islamischen Kooperationsrates in Europa
29.-30.10.1998, Toledo, Spanien

Als wir uns vor zwei Jahren im Sitz des Europäischen Parlaments in Straßburg auf Einladung des Islamischen Kooperationsrates in Europa trafen und über das Thema “Islam und Muslime in Europa” diskutierten, war das der geeignete Anfang unseres Dialogs auf europäischer Ebene im geeigneten Ort. Es galt, uns alle an unsere gemeinsame Geschichte zu erinnern und die Basis für jede weitere Diskussion festzulegen.

Ausgangspunkt für unseren heutigen Umgang miteinander und unsere gemeinsame Zukunft sollten die Erfahrungen sein, die die Europäer mit dem Islam und den Muslimen - und die der Islam und die Muslime mit Europa - in vielen Jahrhunderten gemacht hatten. Unsere gemeinsame Geschichte ist voll mit wertvollen kapiteln, die allerdings ihre hellen wie auch ihre dunklen Seiten haben. Von ihnen allen sollen wir unsere heutigen Lektionen schöpfen.

Nur blutige Geschichte?

Fast jedes Kapitel der Begegnung zwischen dem Orient und dem Oxident fing kriegerisch an und hörte blutig auf. Zwischen Anfang und Ende lagen jedoch lange Strecken der Stabilität, die jedes Mal hervorragende Beispiele des zivilisierten menschlichen Umgangs der Kulturen miteinander zeigten.

Zwischen dem Jahr 710, das die kriegerische Eroberung der Iberischen Halbinsel und Westeuropas einleitete und dem Jahr 1492, mit dem die blutige Vertreibung von Juden und Muslimen und die damit verbundene Reconquista in Al-Andalus begann, lagen Jahrhunderte des friedlichen und brüderlichen Miteinanders. Die gegenseitige Bereicherung und Befruchtung brachte aus beiden Kulturen eine einmalige Zivilisation, die bis heute ihresgleichen sucht. Juwelen der Architektur zeugen in unseren Tagen genauso davon, wie die Grundlagen der modernen Wissenschaften. Nicht nur in technischen Wissensbereichen, wie Mathematik, Chemie, Astronomie und Medizin, sondern auch in den Geisteswissenschaften wie Philosophie, Soziologie, Sprach- und Religionswissenschaften brachte diese Kultur bahnbrechende Denker und Wissenschaftler hervor, von deren Errungenschaften die Menschheit bis heute noch profitiert.

Auch zwischen den blutigen Anfängen der osmanischen Existenz im Balkan und der heutigen “äthnischen Säuberung”, die noch vor den Augen der gesamten Welt voll in Gang ist, liegen lange Jahrhunderte der Proexistenz zwischen Muslimen, Juden und Christen in Bosnien, Albanien und Kosova.

Einmalige Modelle der multireligiösen und multikulturellen Proexistenz, die sich jahrhunderte als Realität bewiesen, enthält unsere gemeinsame Geschichte, Geschichte der Christen, der Juden und der Muslime in Europa.

Muslime und der heutige Aufbau Europas

Wenn wir uns heute in Toledo zur zweiten Konferenz des Islamischen Kooperationsrates in Europa treffen, um das Thema “Muslime und der Aufbau Europas” zu behandeln, so wollen wir zum Ausdruck bringen, daß wir entschlossen sind, unseren gemeinsamen Weg fortzusetzen.

Die heutige Existenz der Muslime in Europa stellt ein beachtliches Anfangskapital dar. Etwa 33 Millionen Muslime leben heute in Gesamteuropa. Ganze europäische Völker gehören dazu, wie in Bosnien, Albanien und Osteuropa. In jedem europäischen Land lebt seit Jahrzehnten ansässige muslimische Bevölkerung, die aus diesen europäischen Ländern bewußt ihre Wahlheimat machte. Diese muslimische Bevölkerung Europas stellt durch ihre Abstammung eine großartige vielfältige Internationale. Brücken zu jeder Kultur und zu jedem Land der Erde existieren in unserer Mitte. In jeder europäischen Stadt findet man die UNO in Miniatur!

Die Verbundenheit dieser Muslime mit Europa und dem jeweiligen europäischen Land ihres Aufenthalts besteht ohne Zweifel. Dies trifft für die überwältigende Mehrheit der Muslime zu. Basis ihrer Existenz als religiöse Minorität bildet die jeweilige Verfassung ihres europäischen Landes, dies stellt keinen Widerspruch zur eigenen islamischen Überzeugung und bedeutet nicht die Abgabe der eigenen religiösen Identität.

Zum Aufbau des heutigen Europas trugen diese Muslime fast in allen Bereichen sehr viel bei. Unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit erfüllten sie - bis auf den Wehrdienst - alle Pflichten wie jeder und jede ihrer europäischen Mitbürger. Sowohl beim Wiederaufbau Europas nach dem zweiten Weltkrieg als auch beim Aufbau Europas als wirtschaftliche Weltmacht waren Muslime mitbeteiligt. In Bereichen der Geisteswissenschaften, der Literatur, der Kunst, der Soziologie und der Politik vermissen wir jedoch eine spürbare Beteiligung der Muslime fast in allen europäischen Ländern. Mitwirkung und Beeinflussung des öffentlichen Lebens und Teilhabe an der Gestaltung der Gesellschaft von Seiten der Muslime entspricht nicht ihrer Proportion in den verschiedenen Ländern. Dies hängt nur zum Teil von den gesetzlichen Voraussetzungen ab. Sehr oft fehlt bei den Muslimen die Motivation, das Bewußtsein, der Sinn für die Mitverantwortung in dieser Gesellschaft.

Visionäre Kräfte

Wenn wir von den Muslimen und dem Aufbau Europas sprechen, so sind nicht unsere Vorfahren gemeint. Wir sind angesprochen. Dies ist eine Zukunftspflicht für uns Muslime, die wir hier und heute in Europa leben. Die führenden Kräfte unter den Muslimen dürfen sich nicht durch das Gewicht der großen Masse der inaktiven und zum Teil perspektivslosen Muslime mit ihren Alltagsproblemen vom visionären Denken und zukunftsorientierten Handeln abhalten. Die Schaffung einer besseren Ausgangslage, wie das Erstreiten mehr politischer Rechte für die islamische Gemeinde, sollte genau so zu den Aufgaben muslimischer Funktionäre gehören, wie die aktive Mitarbeit mit allen religiösen und politischen Institutionen in jedem europäischen Land. Dialog und Zusammenarbeit mit den christlichen und jüdischen Gemeinden, mit anderen Religionsgemeinschaften, mit Gewerkschaften und Verbänden sowie mit den staatlichen Behörden und politischen Parteien soll nicht nur Anspruch und Bereitschaft der Muslime zur Kooperation signalisieren, sondern den Muslimen eine effektivere Art der Mitgestaltung der Gesellschaft ermöglichen.

Namhafte islamische Organisationen leben uns dies vor, wie der Islamische Kooperationsrat in Europa mit seinen vielfältigen Aktionen mit vielen europäischen Institutionen. Der Zentralrat der Muslime in Deutschland arbeitet seit langen Jahren auf allen Gebieten mit vielen kirchlichen Vertretern und gesellschaftlichen Gruppierungen in Dutzenden von Gremien zusammen. Andere islamische Organisationen leisten ähnliches in ihren europäischen Ländern.

Unsere Vorfahren in dieser herrlichen Stadt Toledo übergaben eine wertvolle Hinterlassenschaft an die nächste Kultur, eine umfangreiche literarische und wissenschaftliche Bibliothek, an deren Übersetzung man 200 Jahre arbeitete. Wir Muslime von heute sollen uns fragen, wie können wir uns am Aufbau Europas beteiligen? Welchen geistigen, humanen und wissenschaftlichen Beitrag können wir dazu leisten? Welches Erbe werden wir Muslime den nächsten Generationen in Europa hinterlassen, auf daß Europa mehr Spiritualität und Humanität erfährt und diese in die Welt trägt.


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