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Montag, 01.03.1999

"Ehre und Würde, sogar den Gebeinen" Menschenrechte



Dr. Nadeem Elyas


Es war ein langer mühsamer Weg, den die Menschheit hinter sich bringen mußte, bis sie zu der Formulierung der Menschenrechte gelangte. Ein Weg voller Leiden und Qualen vor allem für die Schwächsten der Schwachen in jeder Gesellschaft, deren Würde durch die Jahrhunderte hinweg von den Mächtigsten mit Füßen getreten und deren elementaren Rechte mißachtet und verleugnet wurden. Einen weiteren langen Weg hat die Menschheit noch vor sich, bis sie diese Formulierungen in die Tat umsetzt und den Ehrenkodex zu gelebter Normalität umwandelt.

Dabei hätte die Menschheit diese Erkenntnis leichter erreichen können, gab ihr doch ihr Schöpfer die dafür nötige Rechtleitung direkt zu Anfang mit auf den Weg!

Den langen Weg der Umsetzung vor sich kann sie verkürzen und sich viel Leid und Qual ersparen, wenn sie ihrer Vernunft und den Weisungen ihres Schöpfers und ihrer Offenbarungsreligionen folgen würde.

Mit Ehre und Würde vollendete Gott Sein Werk an den ersten Menschen und ließ Ehre und Würde unter seinen Nachkommen als unantastbar gelten. Er zeichnete die Menschen im Vergleich zu dem Rest Seiner Schöpfung durch die Vernunft und den Verstand aus, mit dem sie eben diese Würde gegenseitig respektieren und schützen sollten. »Und Wir haben den Kindern Adams Ehre erwiesen, Wir haben sie auf dem Festland und auf dem Meer getragen und ihnen einiges von den köstlichen Dingen beschert, und Wir haben sie vor vielen von denen, die Wir geschaffen haben eindeutig bevorzugt.« (Koran 17/70)

Die erste und folgenschwerste Verfehlung des Menschen war jedoch die Verletzung der Würde des anderen, die Mißachtung des Rechts des eignen Bruders, das Vergießen seines Blutes.

Die unheilvolle Entwicklung nahm ihren Lauf.

Auch wenn die Ermordung eines Menschen nicht die gesamte Menschheit vernichtet, so gilt bei Gott und bei den vernünftigen Menschen die Verletzung dieses Prinzips als prinzipielle Vernichtung der gesamten Menschheit. »Aus diesem Grund haben wir den Kindern Israels vorgeschrieben, wenn einer jemanden tötet, jedoch nicht wegen eines Mordes, oder weil er auf der Erde Unheil stiftet, so ist es, als hätte er alle Menschen getötet. Und wenn ihn jemand am Leben erhält, so ist es, als ob er alle Menschen am Leben erhalten hätte.« (5/32)

Auch die Verletzung der Ehre und Würde eines einzigen Menschen gilt demnach prinzipiell als Entwürdigung und Entehrung der gesamten Menschheit.

Der Islam betrachtet den Grundsatz der Menschenwürde als eine allgemeingültige Verpflichtung und als einen wichtigen Teil des Glaubens. Der Koran begrenzt dieses Prinzip nicht auf die Muslime, sondern spricht allgemein von den Kindern Adams, denen Gott Ehre und Würde erwiesen hat.

Im Islam zählt die Würde des Menschen mehr als jedes Heiligtum auf Erden. Abdullah Ibnu ‘Umar, ein Gefährte des Propheten, erblickte die Ka’ba, das Zentrum des Gebetes und des Glaubens für die Muslime, und sagte: »Bei Allah, du bist würdig und du bis ehrenvoll. Und bei Allah, der Mensch ist noch würdevoller und ehrenvoller als du.«

Der Respekt dieser Würde geht über die von Menschen geschaffenen Grenzen der Abstammung und Rasse, der Hautfarbe und Sprache, der Völker und Nationen hinaus. »O ihr Menschen, Wir haben euch von einem männlichen und weiblichen Wesen erschaffen, und Wir haben euch zu Verbänden und Stämmen gemacht, damit ihr einander kennenlernt. Der Angesehenste von euch bei Gott, das ist der Gottesfürchtigste von euch.« (49/13) Diese Regel bekräftigte der Prophet Muhammad in seiner Predigt bei der Pilgerfahrt in Mekka mit den Worten: »Weder wird der Araber vor dem Nichtaraber, noch der Weiße vor dem Schwarzen bevorzugt, es sei denn durch seine Tat.«

Die Würde des Menschen soll unabhängig von seinem Geschlecht gewahrt werden, denn »Die Frauen sind Zwillingsgeschwister der Männer« wie es in einem Spruch des Propheten heißt. Sie soll auch unabhängig von der Religion eines jeden geschützt und respektiert werden, geht der Islam von der Freiheit des Glaubens und der freien Religionsausübung aus. »Euch eure Religion und mir meine Religion.« (109/6)

Der allgemeine Schutz des Lebens, der in der Rede des Propheten bei seiner Pilgerfahrt ausdrücklich mit den Worten erwähnt wurde: »O ihr Menschen, euer Vermögen, eure Ehre und euer Leben ist unter euch so heilig wie dieser Tag und dieser Monat und dieser Ort.«, wird im Koran als Merkmal der Gläubigen bezeichnet: »Und die, die neben Gott keine andere Gottheit anrufen und den Menschen nicht töten, den Gott für unantastbar erklärt hat, es sei denn bei vorliegender Berechtigung und die keine Unzucht begehen.« (25/68)

Das Recht auf Leben gilt in der islamischen Gesellschaft für jeden Menschen, wie die Praxis im Khalifat von Medina, Damaskus und Bagdad zeigte. Nach der Hanafitischen Rechtsschule, die im Osmanischen Reich Jahrhunderte das geltende Gesetz darstellte, galt bei der Tötung eines Nichtmuslims die gleiche Strafe, wie bei der Tötung eines Muslims. Gleiches gilt für das Vermögen und den Besitz von Nichtmuslimen.

Die Wahrung der Würde der Verstorbenen wurde zu einer gesellschaftlichen Pflicht im Islam erhoben. Friedhöfe gelten für immer als “Wakf” d.h. Stiftung ewiger gemeinnütziger Natur, die nicht zweckentfremdet werden darf.

Dieser Schutz der Würde des einzelnen nach seinem Ableben hat auch seine verpflichtende Gültigkeit in Bezug auf Nichtmuslime. So lautet es in dem Werk “Al-Bahr Al-Raík”: »Auch die Gebeine der toten Nichtmuslime müssen geachtet werden wie die Gebeine der Muslime. Man darf sie nicht entweihen. Denn wenn der zu gewährende Schutz der Nichtmuslime uns verbietet, sie schlecht zu behandeln, so ist es ebenfalls unsere Pflicht, nach ihrem Ableben ihre Gebeine zu schützen.«

Das oben genannte Verbot der Antastung der Ehre anderer erweitert sich im Islam zum Schutz der persönlichen häuslichen Sphäre: »O ihr, die ihr glaubt, betretet nicht Häuser, die nicht eure eigenen Häuser sind, bis ihr euch bemerkbar gemacht habt...« (24/27) und verbietet gleichzeitig jede Verletzung des Ansehens und Rufes der anderen: »O ihr, die ihr glaubt, meidet viel von den Mutmaßungen. Manche Mutmaßung ist Sünde. Spioniert nicht und führt nicht üble Nachrede übereinander.« (49/12)

Dieser Schutz der Ehre und Rufes erstreckt sich auch auf Schutz der Ehre von Nichtmuslimen und drückt sich im Verbot jeder Antastung ihres Rufes und Verletzung ihrer Ehre aus. So heißt es im Hanafitischen Rechtswerk "Ad-Durr Al-Mukhtar": »Die Verleumdung ist verboten, ob es sich um einen Muslim oder um einen Nichtmuslim handelt.«

In unserer heutigen Zeit muß der Umgang mit der Würde der schwächsten Mitglieder einer Gesellschaft als Indiz für das Humane und Zivile in der jeweiligen Gesellschaft gelten. Das Humane liegt nicht nur darin, Notleidenden und Bedürftigen zu helfen, es liegt besonders darin, dies auf eine menschlich würdige Weise zu tun. Arm sein darf nicht ehren- und würdelos bedeuten. »Freundliche Worte und Vergebung sind besser als Almosen, dem Beleidigungen nachfolgen...« »O die ihr glaubt, macht nicht eure Almosen durch Vorhaltungen und Beleidigungen zunichte.« (2/263 und 264)

In diesem Zusammenhang ist auf die Würde der Alten, Kranken und Behinderten hinzuweisen, die im Gewirr der individualistischen Konsumgesellschaft sehr oft mißachtet wird.

“Menschen würdig pflegen!” lautete deshalb die Aktion des Caritas-Verbandes, die auf diese Schieflage in der Gesellschaft aufmerksam machen will.

Diese Gruppen verdienen sicherlich unsere Unterstützung und unseren vollen Schutz. Sie sind aber leider nicht die einzigen in unserer heutigen Gesellschaft, denen wir mehr an menschenwürdige Behandlung und menschlichen Umgang schuldig geblieben sind.

Die Rückbesinnung auf unsere Religionen und die Hochschätzung der eigenen Würde können uns mit Sicherheit zu größerem Respekt vor der Würde der anderen verpflichten.



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